Kurzbeschreibung
Die Sammlungen zu mehr als 100.000 Einzelartefakten und historischen Dokumenten zum Fundort Hallstatt bilden ein besonders Konvolut innerhalb der Prähistorischen Abteilung des Naturhistorischen Museums.
Der archäologische Fundort Hallstatt, namengebend für eine ganze Epoche der europäischen Archäologie der frühen Eisenzeit, ist seit über 100 Jahren im Fokus der Forschungsaktivitäten der Abteilung. Derzeit bilden das Gräberfeld, der Salzbergbau, der gesamte Wirtschaftsraum rund um das Salzbergwerg sowie die Textilforschung die Schwerpunkte der wissenschaftlichen Untersuchung.
Das Hallstätter Gräberfeld beinhaltet Brand- und Körperbestattungen mit überaus reichen Beigaben aus der Zeit zwischen 800 und 400 v. Chr. Die Funde bezeugen weitreichende Kontakte wie etwa Glasgefäße aus Norditalien, Objekte aus Slowenien oder der Griff eines Schwertes mit asiatischem bzw. afrikanischem Elfenbein und Einlagearbeiten aus baltischem Bernstein. Nach derzeitiger Schätzung dürfte es insgesamt 5000 bis 6000 Grablegen umfasst haben.
Im Salzbergwerk Hallstatt wurde in urgeschichtlicher Zeit vor allem in der Bronze- und Eisenzeit Salz bergmännisch gewonnen. Durch die besonderen Bedingungen im Bergwerk erhalten sich neben Keramik und Metallen auch organische Artefakte aus Holz, Leder oder Textil. Damit werden die Organisation und Abbautechnik untersucht, die für die Salzgewinnung in prähistorischer Zeit angewandt wurden.
Die Forschungen zum Wirtschaftsraum Hallstatt beschäftigt sich mit der Frage, was diese Wirtschaftsstruktur benötigte, um zu funktionieren, und wie die einzelnen Bedarfe (z. B. Betriebsmittel, Arbeits- und Lebensmittel) gedeckt werden konnten. Dazu wird neben dem Ort Hallstatt vor allem auch das Umland mithilfe von landschafts- und umweltarchäologischen Methoden sowie durch Computersimulationen erforscht.
Die Forschungen im Salzbergwerk und Gräberfeld wurden anfangs durch Mitarbeiter der Hallstätter Saline ausgeführt, wie durch den Bergmeister Johann Georg Ramsauer und seinen Mitarbeiter Isidor Engl. Das Naturhistorische Museum Wien beteiligte sich ab den 80er Jahren des 19. Jahrhunderts daran. Derzeit werden die Ausgrabungen im Gräberfeld von Dr. Anton Kern geleitet, jene im Salzbergwerk von Dr. Hans Reschreiter (unter Fortführung der Bergbauforschungen von Fritz-Eckart Barth).
Ansprechperson
Daniel Brandner, Johann Rudorfer
Research Services
Bestimmung von Artefakten in Hinblick auf Zeitstellung und regionaler Zugehörigkeit auf Anfrage möglich, Informationen über das Sammlungsmaterial und Kontextinformationen zu den Ausgrabungen.
Methoden & Expertise zur Forschungsinfrastruktur
Sammlung, Konservierung und Erforschung materieller Hinterlassenschaften dzum Fundort Hallstatt.
Makroskopische und mikroskopische Analyse der Artefakte, auch in interdisziplinärer Zusammenarbeit mit anderen Abteilungen des Naturhistorischen Museums Wien, besonders den Großgeräten der Zentralen Forschungslaboratorien des NHM Wien, sowie interdisziplinäre und internationale Zusammenarbeit mit Forschungsinstitutionen aus ganz Europa.
Kontextualisierung der Artefakte mit dem Fundzusammenhang, Arbeit mit den Dokumentationen der Grabungen (Bildmaterial, Grafiken, Grabungsdokumentation, historische Dokumente etc.).
Zuordnung zur Forschungsinfrastruktur
Arbeit mit den Originalartefakten unterliegt dem österreichischen Denkmalschutzgesetz.
Beprobung von Objekten ist nur in wissenschaftlichen Kooperationen möglich.
Universität für Bodenkultur
Universität Wien
Universität für Angewandte Kunst
Bundesdenkmalamt
A. Kern, K. Kowarik, A. Rausch & H. Reschreiter (Hrsg) (2008): Salz-Reich, 7000 Jahre Hallstatt. Veröffentlichungen der Prähistorischen Abteilung (VPA) 2, Wien 2008.
K. Grömer und A. Kern (Hrsg.) (2017): Fundstücke. Kostbarkeiten der Jahrtausende. Ein Führer durch die Prähistorische Schausammlung. Naturhistorisches Museum Wien. Wien: Verlag des Naturhistorischen Museums.
Reschreiter, H., Kowarik, K. (2019): Bronze Age mining in Hallstatt. A new picture of everyday life in the salt mines and beyond. Archaeologia Austriaca 103, 99–136, DOI: https://doi.org/10.1553/archaeologia103s99
BRANDNER, D., K. KOWARIK, K., RESCHREITER, H., RUDORFER, J. & TIEFENGRABER, G. (2022): 7000 Jahre Salz – Erforschung und Vermittlung des UNESCO-Welterbes Hallstatt-Dachstein/Salzkammergut. – Mitteilungen der Anthropologischen Gesellschaft Wien, 151–152: 69–98.
Virtuelle Archäologie Hallstatt:
Reschreiter, H., Brandner, D., Cölsch, J., Slamar, I., Prenner, J., Poppenwimmer, F., Scheucher, A., Salzwelten (2019): Virtual Hallstatt – experience the hidden World Cultural Heritage Site. In: Karl, R., Leskovar, J. (Eds), Interpretierte Eisenzeiten, Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich 49, Linz 2019, 359-366.
Experimentelle Archäologie:
Reschreiter, H. (2017): 40 Years of Underground Experiments
-, Getting to know the prehistoric Hallstatt salt mine with the aid of experimental archaeology. Experimentelle Archäologie in Europa, Jahrbuch 2017, Heft 16, Unteruhldingen, 45-59.
Textilien:
K. Grömer, A. Kern, H. Reschreiter & H. Rösl-Mautendorfer (Eds.) (2013): Textiles from Hallstatt, Archaeolingua, 29, Budapest 13-32.
Landschafts- und Umweltarchäologie:
Kowarik, K., (2019). Hallstätter Beziehungsgeschichten. Wirtschaftsstrukturen und Umfeldbeziehungen der bronze- und ältereisenzeitlichen Salzbergbaue von Hallstatt/OÖ. (Mit Beiträgen von Michael Grabner, Julia Klammer, Konrad Mayer, Hans Reschreiter, Elisabeth Wächter und Georg Winner). Studien zur Kulturgeschichte von Oberösterreich 50.
https://www.nhm-wien.ac.at/verlag/wissenschaftliche_serien/archon