Kurzbeschreibung
Unsere Umwelt befindet sich im konstanten Wandel. Im Gegensatz zu vielen natürlichen Prozessen sind die Kenntnisse über die natürlichen oder durch den Menschen induzierten Veränderungen für gravitative Massenbewegungen sehr gering. Von besonderer Bedeutung hierbei ist, dass es keine langfristigen Monitoringprogramme für gravitative Massenbewegungen existieren. Die Zeiträume sind meist auf relativ kurze Laufzeiten von Forschungsprojekten begrenzt. Insofern ist die Kenntnis über die grundlegende Hangdynamik mit all den beeinflussenden Faktoren und besonders über die durch den Klimawandel ausgelösten Veränderungen stark begrenzt. Um diese Veränderungen zu quantifizieren ist ein langfristiges Monitoring unter Einbezug von punktuellen und flächenhaften Daten nötig, welches durch die Core Facility sichergestellt werden soll. Um diese Defizite mittel- und langfristig zu bearbeiten werden seit 2013 kontinuierlich individuelle Monitoringprogramme für die unterschiedliche Typen von gravitativen Massenbewegungen (Stürze, Muren, Rutschungen) im Rahmen des inter-, intra- und transdisziplinären NoeSLIDE-Projektes aufgebaut (https://www.noeslide.at). Dies bildet die Basis für die Einrichtung der Core Facility „Earth Surface Dynamics Lab (eSurfLab)“.
Das Ziel ist es, Prozesse gravitativer Massenbewegungen, die vorbereitenden, auslösenden und kontrollierenden Faktoren besser zu verstehen. Die Analyse von Zusammenhängen der Fließ-, Sturz- und Rutschaktivitäten mit externen Einflussfaktoren wie beispielsweise Niederschlag, sind vor allem im Hinblick den Klimawandel und den zu erwartenden Häufung von Extremereignissen von großer Bedeutung in Österreich. Zur Erkundung gravitativer Massenbewegungen werden verschiedene Methoden zur Oberflächen- und Untergrunderkundung genutzt.
Ansprechperson
Dr. Philipp Marr
Research Services
Im Folgenden sind die Großinfrastrukturen aufgeführt, die von der Core Facility eSurfLab genutzt werden können:
- Riegl VZ-6000 Laser Scanner (mobiles Gerät)
- Sondierraupe (mobiles Gerät)
- Werkhalle zur Reparatur motorgetriebener Geräte
Weiterhin besteht die Möglichkeit Kleingeräte auf Anfrage zu nutzen.
Methoden & Expertise zur Forschungsinfrastruktur
Methoden zur UNTERGRUNDERKUNDUNG:
- Rammkernsondierungen und Bohrnkernanalyse
Um Informationen über den Aufbau eines Untergrundes - z.B. eines Hanges - zu erhalten, können Bohrungen vorgenommen werden. Dabei gibt es verschiedene Techniken; eine davon ist die Rammkernsondierung (engl.: Percussion Drilling), bei der mittels eines Gewichtes ein hohles Stahlrohr in den Untergrund getrieben wird. Die Entnahme von Bohrkernen, also Bodenproben, ermöglicht die Analyse verschiedenster Parameter, wie z.B. der Korngrößenverteilung. In einem solchen Bohrloch können darüber hinaus verschiedene Sensoren angebracht werden.
- Rammsondierung
Bei einer Rammsondierung wird ebenfalls ein Metallgestänge mittels Gewicht nach und nach in den Boden getrieben. Hier werden allerdings keine Proben entnommen, sondern erfasst, wie viele Schläge pro bestimmter Eindringtiefe benötigt werden, z.B. pro 10cm Tiefe. Damit erstellt man zum einen ein Festigkeitsprofil für die Tiefe (Rückschlüsse auf Lagerungsdichte, Konsistenz, u.a.), erhält aber auch Informationen über die maximale Eindringtiefe (Festgesteinsgrenze). Je nach Fallgewicht werden diese Sondierungen anders beurteilt; bei einer schweren Rammsondierung (engl.: Dynamic Probing Heavy DPH) z.B. beträgt das Gewicht 50kg.
- Inklinometer
Mit einem Inklinometer werden Verformungen des Untergrundes gemessen. Dies geschieht durch die Messung der Veränderung von Neigung und Verschiebung quer zu einer Bohrlochachse über die Zeit. Im Besonderen werden damit Hänge untersucht, die rutschungsgefährdet sind.
- Piezometer
Piezometer geben Aufschluss über die Tiefe und Variabilität eines Grundwasserspiegels am Hang. Entsprechende Sensoren werden an einzelnen Standorten verbaut und messen punktuell die Höhe einer Wassersäule über einem Sensor (hydrostatische Druckhöhe). Über Zeitreihenanalysen können Zusammenhänge zwischen dem Grundwasserspiegel, dem Niederschlag und möglicher (Hang-) Bewegungen untersucht werden.
- TDR Sonden
TDR Sonden (engl.: Time Domain Reflectometry; dt.: Zeitbereichsreflektometrie) werden verwendet, um Aussagen über die Bodenfeuchte zu treffen. Die, meist punktuell an einem Standort in verschiedenen Tiefen angebrachten Sensoren bestimmen diese über die Laufzeitmessung eines elektrischen Signals (Aussagen über die elektrische Leitfähigkeit eines Materials - wie z.B. einer bestimmten Bodenschicht).
- ERT
ERT (engl.: Electrical Resistivity Tomography) bezeichnet man in den Geowissenschaften ein Verfahren zur indirekten Untergrunderkundung. Dabei handelt es sich um eine geophysikalisches Messverfahren: sogenannten Elektroden, die entlang eines Profils an der Bodenoberfläche ausgebracht werden, wird Strom zugeführt. Der Stromkreis wird durch den mehr oder weniger gut leitenden Untergrund geschlossen, wobei sich ein Potentialfeld ausbildet. Damit kann, in Abhängigkeit der Elektrodenanordnung und der Form der Erdoberfläche, die Verteilung des spezifischen elektrischen Widerstandes im Untergrund bestimmt werden. Dies wiederum kann - in Verbindung mit direkten Methoden wie z.B. Bohrkernbeprobungen - Aufschluss über den Aufbau eines Untergrundes geben. Dauerhafte Installationen, die mehrmals am Tag Messungen aufzeichnen, können darüber hinaus Informationen über die Art und Weise liefern, wie zum Beispiel Niederschlagswasser in den Untergrund eindringt.
- CRNS
CRNS (engl.: Cosmic-Ray Neutron Sensing) steht für eine Methode zur Messung von Bodenfeuchtigkeit mittels Neutronen, die durch kosmische Strahlung erzeugt werden. In der Forschung zu gravitativen Massenbewegungen wird CRNS verwendet, um Veränderungen im Feuchtigkeitsgehalt des Bodens zu monitoren, da diese Veränderungen die Stabilität von Hängen beeinflussen können.
Methoden zur OBERFLÄCHENERKUNDUNG:
- Meteorologische Station
Eine meteorologische Station bzw. verschiedenste, dort verbaute Sensoren dienen dazu, in regelmäßigen Intervallen Messwerte über das gegenwärtige Wetter und die mittelfristige Witterung aufzuzeichnen. Dazu werden zum Beispiel Temperatur, Regenmenge, Schneehöhe, Luftdruck oder solare Strahlung gemessen. Vor allem die Aufzeichnung der Regenmenge ist einer der wichtigsten Kennwerte für die Beobachtung gravitativer Massenbewegungen, da heftige Niederschlagsereignisse in (Nieder-) Österreich als eine der Hauptauslöser für Rutschungen und Muren angenommen werden.
- GNSS
GNSS (engl.: Global Navigation Satellite System; dt.: globales Navigationssatellitensystem) kann z.B. verwendet werden, um regelmäßige Positions-Messungen (Punkte/ Linien) bestimmter Formen - zum Beispiel Anrisskanten einer Rutschung - zu messen. Multi-temporal Daten ermöglichen auch hier, Aussagen über Dynamiken einer (Hang- ) Bewegung zu treffen. GNSS ist dabei ein Sammelbegriff für die Verwendung bestehender (und künftiger) globaler Satellitensysteme zur Positionsbestimmung (z.B. GPS, GLONASS, Galileo).
- UAV
UAV (engl.: Unmanned Aerial Vehicle; dt.: Unbemanntes Luftfahrzeug) als solches ist keine Methode, sondern ein Gerät zur luftgestützten Aufnahme von Oberflächeninformationen (RGB- oder Infrarotbilder, Laser Scans, u.a.), wie zum Beispiel eine Drohne. Über Luftbilder und die Verarbeitungstechnik SfM (engl.: Structure from Motion) können – ähnlich dem TLS (siehe nächster Punkt) – hochaufgelöste digitale Geländemodelle erstellt und diese zu weiteren Analysezwecken verwendet werden. Ein großer Vorteil dieser Methode ist die großflächige und gleichmäßige Abdeckung eines Gebietes von oben, ein Nachteil der große Bearbeitungsaufwand und mögliche Lageungenauigkeiten bei Zeitreihenanalysen.
- TLS
TLS (engl.: Terrestrial Laser Scanning; dt.: Terrestrisches Laser Scanning) ist eine Technik zur präzisen, flächenhaften Entfernungsmessung über die Laufzeiterfassung emittierter und reflektierter Laserstrahlen. Terrestrisch bedeutet, dass sich der Laser Scanner auf dem Boden befindet. Es gibt auch luftgestützte Systeme (engl.: Airborne Laser Scanning). Der "Scanner" tastet dabei eine Oberfläche mittels vieler Einzelmessungen in vertikaler und horizontaler Richtung ab. Daraus resultiert eine sogenannte Punktwolke, die für jeden einzelnen reflektierten Punkt exakte Lagekoordinaten aufweist (x,y,z). Diese Punktwolke ist so dicht, dass damit hochgenaue Modelle einer Geländeoberfläche generiert werden können (Digitale Geländemodelle). Der große Vorteil dieser Methode liegt darin, dass sie im Gegensatz zu rein punktuellen Oberflächenmessungen - wie z.B. GNSS - flächenhaft Informationen über eine Oberfläche liefert und dabei sogar teils Vegetation durchdringen kann.
Jahr: 2023-2024
Auftraggeber/Projektpartner: Land Niederösterreich
PI:Thomas Glade, Philipp Marr
Titel: MillSLIDE - Monitoring der Hofermühle
Jahr: 2019, 2020
Auftraggeber/Projektpartner: WLV
PI: Thomas Glade
Titel: BIOSLIDE
Jahr: 2017-2018
Auftraggeber/Projektpartner: ÖAW
PI: Thomas Glade
Titel: NoeSLIDE
Jahr: 2014-2017
Auftraggeber/Projektpartner: Land Niederösterreich
PI: Thomas Glade
Titel: CHANGES
Jahr: 2011-2014
Auftraggeber/Projektpartner: EU
PI: Thomas Glade, Martin Mergili, Lucia Felbauer
Titel: Changing RISKS
Jahr: 2011-2013
Auftraggeber/Projektpartner: EU
PI: Thomas Glade
Titel: MoNOE
Jahr: 2009-2014
Auftraggeber/Projektpartner: Land Niederösterreich
PI: Thomas Glade
Titel: Mountain-Risks
Jahr: 2007-2010
Auftraggeber/Projektpartner: EU
PI: Thomas Glade
Titel: ILEWS
Jahr: 2007-2010
Auftraggeber/Projektpartner: BMBF
PI: Thomas Glade
Marr, P., Jiménez Donato, Y. A., Carraro, E., Kanta, R., & Glade, T. (2023). The role of historical data to investigate slow-moving landslides by long-term monitoring systems in lower Austria. Land, 12(3), 659. https://doi.org/10.3390/land12030659
Stumvoll, M. J., Schmaltz, E. M., Kanta, R., Roth, H., Grall, B., Luhn, J., Flores-Orozco, A., & Glade, T. (2022). Exploring the dynamics of a complex, slow-moving landslide in the Austrian Flysch Zone with 4D surface and subsurface information. CATENA, 214, 106203. https://doi.org/10.1016/j.catena.2022.106203
Stumvoll, M. J., Konzett, M., Schmaltz, E. M., & Glade, T. (2022). Application of UAS to Detect Infrequent and Local Large-Scale Surficial Displacements: Critical Examples from the Fields of Landslide and Erosion Research. In sUAS Applications in Geography (pp. 203-233). Cham: Springer International Publishing. https://doi.org/10.1007/978-3-031-01976-0_8
Flores Orozco, A., Steiner, M., Katona, T., Roser, N., Moser, C., Stumvoll, M. J., & Glade, T. (2022). Application of induced polarization imaging across different scales to understand surface and groundwater flow at the Hofermuehle landslide. CATENA, 219, 106612. https://doi.org/10.1016/j.catena.2022.106612
Stumvoll, M. J., Schmaltz, E. M., & Glade, T. (2021). Dynamic characterization of a slow-moving landslide system – Assessing the challenges of small process scales utilizing multi-temporal TLS data. Geomorphology, 389, 107803. https://doi.org/10.1016/j.geomorph.2021.107803
Stumvoll, M. J., Canli, E., Engels, A., Thiebes, B., Groiss, B., Glade, T., Schweigl, J., & Bertagnoli, M. (2020). The “Salcher” landslide observatory—experimental long-term monitoring in the Flysch Zone of Lower Austria. Bulletin of Engineering Geology and the Environment, 79(4), 1831-1848. https://doi.org/10.1007/s10064-019-01632-w
Gallistl, J., Weigand, M., Stumvoll, M., Ottowitz, D., Glade, T., & Orozco, A. F. (2018). Delineation of subsurface variability in clay-rich landslides through spectral induced polarization imaging and electromagnetic methods. Engineering Geology, 245, 292-308. https://doi.org/10.1016/j.enggeo.2018.09.001